Papa, wie wird das Wasser wieder sauber?

Das letzte Mal erfuhr Felix, ein besonders neugieriger Stakeholder der Donau Chemie, einiges über die Wasserbehandlung in früherer Zeit. Doch er möchte noch mehr wissen.
 
Von Alexander Jereb, Entwicklungsleiter Wassertechnik


„Papa, du hast mir versprochen, dass du mir erzählst, wie das mit dem  Wasser bei den Rittern war!“
„Na gut, mein  Schatz. Aber dann musst du ins Bett!“

„Cool … hatten die Ritter  auch öffentliche Klos wie die Römer?“
„Nein, mit dem Untergang des Römischen Reichs sind die Wasserleitungen und die Kanalisationssysteme verfallen. Und es sollte etwa 1.000 Jahre dauern, bis in Europa wieder welche gebaut wurden.“

„Wie haben die Ritter das dann gemacht?“
„Statt der öffentlichen Toiletten gab es den Nachttopf, das Plumpsklo oder man ist einfach vor die Tür gegangen. Auch der Nachttopf wurde zusammen mit dem anderen Müll einfach auf die Straße gekippt. Dort hat sich das Ganze mit den Tierexkrementen zu einem übel riechenden Schlamm vermischt. In der Mitte der Straße gab es einen Graben, in dem sich das alles sammelte und vom Regen in den nächsten Fluss gespült wurde.“

„Wähhh!“
„Ja, das muss unglaublich eklig gewesen sein. Die Menschen in den Städten sind zum Teil sogar mit einer Art Stelzen gegangen, damit ihre Füße nicht mit dem stinkenden Schmutz in Berührung kamen.“

„Warum haben sie es nicht besser gemacht?“
„Sie dürften sich einfach daran gewöhnt haben. Das Schlimme dabei ist: Sie haben sogar vergessen, dass das Abwasser sich nicht mit dem Trinkwasser vermischen sollte. Deshalb haben sich Krankheiten wie die Pest rasend schnell verbreitet.“

„Der schwarze Tod ...“
„Genau, so nannte man die Pest. Irgendwie muss das Wasser  aus den Brunnen aber doch so ungenießbar gewesen sein, dass man lieber Bier und Wein getrunken hat. In den Ritterburgen gab es oft Plumpsklos als Erker außen an der Burgmauer. Oft legte man auch Senkgruben direkt unter den Fußböden der Burgen an. Das führte aber auch zu Unfällen: So soll im Jahr 1183 der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches ein Bankett veranstaltet haben. Der Boden in der Burghalle brach  dabei angeblich ein und über 100 Festgäste ertranken in der Senkgrube darunter – der Kaiser überlebte.“

„Die Ritter  waren aber  gar nicht edel …“
„Zumindest ist es ihnen besser  ergangen als den Leuten in den überfüllten Städten. Im späten Mittelalter wurde es dann langsam überhaupt besser. So verbot der englische König im 14. Jahrhundert, Abfälle in die Themse zu werfen. Ende des 15. Jahrhunderts gründete der englische König Henry VI. die ,Commision of Sewers‘, die zum Beispiel für die Verschmutzung der Flüsse Strafen verhängte. Weitere 100 Jahre später machte Sir Francis Bacon Versuche, mit Flockung und einem Sandfilter Salz aus Meerwasser zu entfernen. Das gelang ihm nicht wirklich, aber die Idee haben andere Wissenschaftler bis zur modernen Trinkwasseraufbereitung weiterentwickelt, allerdings nicht um Salz zu entfernen, sondern kleine Partikel.“

„So wie der Sandfilter bei unserem Pool?“
„Ja, genau. Im 17. Jahrhundert entwickelte der Holländer van Leeuwenhoek das Mikroskop und erkannte als Erster, dass es im Wasser Lebewesen gibt, die man mit freiem Auge nicht sehen kann. Die Wissenschaftler der damaligen Zeit haben die Entdeckung aber als unwichtige Kuriosität eingestuft.“

„Im Wasser gibt es winzige Tierchen?“
„Ja, die nennt man Mikroorganismen. Manche sind nützlich, weil sie uns helfen, in den modernen Kläranlagen unser Abwasser zu reinigen. Andere sind aber gefährlich, da sie Krankheiten auslösen können, was man aber erst viel später erkannt hat. Daher muss unser Trinkwasser heute zum Teil sehr aufwendig gereinigt und oft auch beispielsweise mit Chlorgas desinfiziert werden.“

„So wie ihr es bei der Donau Chemie in Brückl herstellt?“
„Stimmt, unser Chlor wird dazu verwendet. Allerdings sind wir in Österreich in der glücklichen Lage, genug reines Wasser aus den Bergen zur Verfügung zu haben. Daher braucht es bei uns meist nicht aufbereitet zu werden. Schauen wir aber noch einmal zurück: 1596 installierte der Patensohn der englischen Königin Elisabeth I., Sir Harrington, das erste Wasserklosett in ihrem Palast. Die Königin soll aber gar nicht davon begeistert gewesen sein, weil die Spülung viel zu laut war. Man erzählt, sie habe auch gedacht, dass es reicht, sich einmal im Monat zu waschen.“

„Uaääh – und das war eine Königin?“ 
„Ja, Hygiene stand damals nicht an erster Stelle. Louis XIV., der berühmte französische König, ließ das wunderschöne Schloss Versailles bauen. Darin gab es aber weder fließendes Wasser noch Toiletten. Der König benutzte daher meist sehr prachtvolle Stühle mit einem eingebauten Nachttopf, sogenannte Leibstühle. Der Job des königlichen Nachttopf-Entleerers‘ war überaus begehrt, und es war ein Privileg, dem König bei seinem Geschäft – gegen Bezahlung – zusehen zu dürfen.“

„Der war  nicht dumm, der König.“
„In Frankreich wurden damals aber auch wichtige Erfindungen gemacht: La Hire erfand einen Sandfilter zum Reinigen von Regenwasser und erkannte, dass das Grundwasser weniger verschmutzt war als die Flüsse. Sein Kollege Amy brachte ein Filtersystem aus Schwämmen, Wolle und Sand auf den Markt. Und in England patentierte Peacock einen Sandfilter, den man rückspülen – also reinigen konnte –, so wie es in modernen Wasserwerken auch heute gemacht wird.  Und im 19. Jahrhundert ging es so richtig  los, aber das erzähle ich dir das nächste Mal.“
                                                    
Bitte erzähl weiter!“
Nein, Felix, es ist schon spät schlaf jetzt.“

Papa, ich muss schon wieder aufs Klo ...“
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